Ein spezieller Traum

Ich bin kein religiöser Mensch und würde mich auch nicht als besonders spirituell beschreiben. Obwohl ich auf eine evangelische Grundschule und später ein protestantisch geprägtes Gymnasium ging, trat ich mit Mitte zwanzig aus der Kirche aus. Für mich hatte sie mit ihrer Geschichte bewiesen, dass sie die Lehren, die sie predigte, nicht lebte.

Dennoch prägten die Geschichten und Helden aus der Bibel meine Kindheit und sind wohl tief in meinem Unterbewusstsein verankert. Vor kurzem hatte ich einen besonderen Traum: Ich war ein Mönch im Mittelalter, der im Hof einer Adligen diente. Die Dame war vor allem an ihrem Wohl interessiert. Sie bat mich ständig, für sie zu beten und fragte nach dem besten Weg in den Himmel. Wenn meine Antworten ihr nicht gefielen, drohte sie mir mit Strafen.

Nach einer solchen Auseinandersetzung ging ich die steinernen Treppen zu einer Halle hinauf. Ich fühlte mich ausgelaugt und wütend über die Unverschämtheit der Edelfrau.

Plötzlich spürte ich eine Veränderung. Eine Gegenwart ergriff mich, die mir sofort Gänsehaut machte und meinen ganzen Körper mit Energie durchströmte. Ich spürte Angst, den Blick zu heben, nahm einen tiefen Atemzug und tat es doch.

Einige Stufen über mir stand eine Frau in einem blauen Gewand, das ihre braunen, langen Haare halb bedeckte. Sie lächelte mich freundlich an. In dem Moment, in dem ich ihr in die Augen schaute, fühlte ich mich wie elektrisiert und spürte eine tiefe Verbundenheit mit allem, was existierte. Es gab keine Trennung mehr zwischen mir, ihr oder anderen Lebewesen. Alles war eins und ich ein Teil davon. Dieses Gefühl war so stark, dass ich zu weinen begann. Die Frau erkannte ich als Maria – die Mutter von Jesus. Sie lächelte und sagte ruhig: „Es wird alles gut.“

Kurz darauf wachte ich auf. Das Gefühl aus dem Traum begleitete mich noch lange. Es fühlte sich so real an, dass ich einige Minuten brauchte, um zu realisieren, dass ich nur geträumt hatte. Ich versuchte, diesem Gefühl einen Namen zu geben, und „göttliche Gnade“ kam mir in den Sinn – kein Wort, das ich selbst aktiv nutze. Vielleicht hatte ich es in meiner Jugend in einer Predigt gehört.

Ich bin dankbar für dieses Erlebnis. Es gibt mir Mut, nach meiner Kündigung bei der Deutschen Bahn mit Zuversicht ins Ungewisse zu gehen – auch wenn ich meine Haltung zur Religion nicht ändern werde.

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Meine eigene Spur im Sand hinterlassen