Meine eigene Spur im Sand hinterlassen
Nach acht Jahren verlasse ich die Deutsche Bahn. Es ist ein surreales Gefühl, meinen Kolleg:innen Lebewohl zu sagen und zu wissen, dass ich das Büro wohl nie mehr betreten werde.
Meine Chefin meinte einmal zu mir: „Es gibt eine Regel bei der Bahn: Wer länger als fünf Jahre im Konzern ist, der geht hier in Rente.“
Als ich ihr sagte, dass ich kündigen werde, war sie verblüfft, erinnerte sich an die Regel und meinte, ihr sei irgendwie klar gewesen, dass sie nicht auf mich zutreffen würde. Ich wusste schon länger, dass ich nicht bei der Bahn in Rente gehen würde, aber die Entscheidung zu kündigen, traf ich durch ein Schlüsselerlebnis:
März 2024, Ahlbeck, Ostsee
Ich ging am Strand spazieren, grüßte die Menschen, die mir entgegenkamen, und ließ mich vom Plätschern der Wellen einlullen. Zwei Stunden vergingen ohne besonderes Ereignis. Dann schoss mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: „Warum laufe ich nicht ein Stück im tiefen Sand?“
Ich zog die Augenbrauen hoch. „Weil das anstrengend ist“, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. „Und nahe des Wassers ist der Sand fest. Hier laufen alle entlang.“
„Ja, aber im tiefen Sand kannst du deine eigene Spur hinterlassen“, entgegnete eine freundliche Stimme in meinen Gedanken.
Ich blieb stehen und richtete mich auf. „Ich kann dort meine eigene Spur hinterlassen“, wiederholte ich.
Einen Augenblick später stapfte ich durch den tiefen Sand. Es war anstrengend, aber als ich nach einer Weile zurückschaute, sah ich meine Fußabdrücke auf unberührtem Boden. Ich fühlte tiefe Freude in mir aufsteigen – und es machte Klick.
Ich wusste schon lange, dass ich am Meer leben, Bücher schreiben und windsurfen gehen wollte. Aber jetzt verstand ich tief in mir, dass ich die alten, ausgetretenen Pfade verlassen musste, wenn ich diesen Traum leben wollte.Und ich spürte die Bereitschaft, die zusätzlichen Mühen auf mich zu nehmen, um das wahr zu machen, was ich mir aus tiefstem Herzen wünschte. Daraus schöpfte ich die Motivation, endlich meinen Job zu kündigen und mich ins Ungewisse zu wagen.
Ich möchte dich in dieser Woche einladen, deinen Träumen ein wenig mehr Platz in deinem Leben zu geben – zum Beispiel bei einer Tasse Tee oder einem Spaziergang in der Natur. Manchmal sind es die kleinen, unscheinbaren Momente, die unser Leben unglaublich bereichern können.